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Konflikte? – Werden Sie emotional!


Konflikte sind ein Bestandteil unseres täglichen Lebens. Ob in unseren persönlichen Beziehungen oder in unserem geschäftlichen Umgang – jeder war schon in irgendeiner Form in einen Konflikt involviert. Bei Konflikten geht es grundsätzlich um Unterschiede. Unsere Art des Umgangs mit diesen Unterschieden wirkt sich nicht unwesentlich auf unsere Lebensqualität aus. Das Lernen eines effektiven Umgangs mit Konflikten wird in zunehmendem Masse zu einer wesentlichen nicht nur im Privaten, sondern auch im Berufsleben eines jeden Einzelnen. Kompetent mit Konflikten umgehen zu können heisst vor allem, seine und fremde Emotionen handhaben zu können.

Ab wann spricht man von einem Konflikt?

Was unterscheidet eine schwierige Situation, ein Problem oder eine Krise von einem Konflikt? Friedrich Glasl, der wohl bekannteste Konflikt- forscher in unseren Breitengraden, unterscheidet zwischen «Differenz» und «Konflikt». Differenzen sind Voraussetzungen für einen Konflikt, sie aber bewirken an sich noch keinen Streit. Erst wenn sich eine Person in ihren Vorstellungen, Gefühlen oder Verhaltensweisen durch eine andere über einen längeren Zeitraum gestört fühlt, spricht man von einem Konflikt.

Wie kommt ein Konflikt zustande?

Zum einen gibt es die strukturell bedingten Konflikte: Aufgabengebiete sind nicht klar definiert oder von- einander abgegrenzt, Ressourcen ungleich verteilt oder Verantwortlichkeiten schwammig definiert. Daraus kann ein Streit um deren Verteilung entstehen. Solche Konflikte sind im Allgemeinen gut lösbar – sofern man sie erkennt. Es gibt aber auch die Sorte Konflikte, die ihren Ursprung auf der Beziehungsebene haben und deshalb auf der emotionalen Ebene starke Reaktionen hervorrufen. Bei solchen Konflikten geht es um unsere Bedürfnisse (übergangene oder unvereinbare), den Streit um unterschiedliche Wahrnehmungen von Situationen und Personen oder die Auseinandersetzung um ungleiche Werte und Prinzipien. Macht und Machtverteilung sind ebenfalls Ausgangspunkte solcher Konflikte.

Eigene Wahrnehmungen (unsere «Wahrheit»), eigene Werte und Prinzipien, Bedürfnisse und Macht – solche Dinge sind uns sehr wichtig. Dafür sind wir bereit zu kämpfen. Letztlich sind es existenzielle Themen, die unser ganzes Dasein betreffen. Deshalb lassen sich diese Themen auch nicht nur auf einer sachlichen Ebene abhandeln. Es geht um unser Selbstverständnis und das gilt es zu verteidigen. Entsprechend heftig reagiert unser limbisches System, welches für unsere Basisemotionen wie Wut, Angst, Aggression, Ekel und Freude zuständig ist.

Wie gehen wir nun mit diesen Emotionen um?

Was sollen wir tun, wenn wir dem Anderen am liebsten an die Gurgel springen würden? Sachlich bleiben, heisst es dann meist: «Man muss doch vernünftig sein und sich wie erwachsene Menschen benehmen!» Gefühle in Konflikten aussen vor zu lassen, um zu einer Lösung zu kommen, ist eine weit verbreitete Überzeugung. Für den bewussten Umgang mit und das Klären von Konflikten sind aber gerade die beteiligten Emotionen zentral. Oft bilden diese sogar den Kern eines sogenannten Sachkonfliktes. So kann bei einer Fusion zweier Abteilungen ein heftiger Streit um die Prozesssteuerung zwischen den jeweiligen Abteilungsleitern entfacht werden, und es geht im Eigentlichen um die Angst der Beiden, Einfluss oder sogar den Job zu verlieren. Wenn sie sich dem nicht bewusst werden und dies nicht benennen, dann kann ein solcher Konflikt heftig eskalieren und lange anhalten, weil des Pudels Kern, nämlich diese Angst, bestehen bleibt und im Untergrund weiterwirkt. Grundsätzlich geht es darum, dass wir in solchen Situationen eben gerade unseren Gefühlen nachgehen, dass wir in dem Sinne emotional werden und bei uns selbst aufdecken, was unser wirklicher Beweggrund ist für unser aktuelles Verhalten in einem Konflikt.

Mit «emotional werden» meine ich nicht, wahllos seinen Emotionen Luft zu machen. Nein, es geht in erster Linie darum, sich seinen Gefühlen bewusst zu werden, sie benennen zu können und die Wut, die Angst, das Bedürfnis, das Interesse, den persönlichen Grundsatz oder Machtanspruch dahinter zu erkennen und auszudrücken und seine Wünsche oder Erwartungen zu formulieren. Zum Beispiel indem man seinem Konfliktpartner seine Gefühle offenbart, die dessen Verhalten auslöst: «Dass du mich nicht in den Entscheidungsprozess einbeziehst, verletzt mich sehr und macht mich wütend! Ich erwarte, dass ...». Damit kann über die Hauptursache für den Streit gesprochen werden und die Gefahr, immer weitere Nebenschauplätze zu eröffnen, sinkt.

Gefühle zuzugeben heisst natürlich auch, sich in gewisser Weise verletzbar zu zeigen. Um sich in einem «Kriegs- gebiet» verletzbar zeigen zu können, brauchen wir deshalb eine gewisse Sicherheit. In einer guten Arbeitsbeziehung fühlen wir uns meist sicher genug, um etwas anzusprechen. Ist die Beziehung aber gestört und/oder der Konflikt schon weiter fortgeschritten, empfiehlt sich, eine neutrale dritte Person hinzuzuziehen. Die Konfliktmoderatorin/-mediatorin ist dann für diese Sicherheit zuständig, indem sie einen sicheren Rahmen schafft und klare Abmachungen und Regeln auf- stellt und um deren Einhaltung besorgt ist.

Neben diesem klaren Rahmen, den eine Konfliktklärung braucht, müssen die Konfliktparteien vorgängig den Konflikt als solchen benennen und sich aktiv dafür entscheiden, etwas für die Verbesserung der Situation, der Beziehung zu tun. Die Parteien müssen die übliche kämpferische «Ich-gegen-dich-Haltung» in eine Einstellung umwandeln können, in der die Stimmung vorherrscht: Wir arbeiten gemeinsam an der Verbesserung unserer Beziehung und am Umgang mit unseren Differenzen. Das kann jeder für sich alleine tun.

Und das braucht Mut! Scheuen Sie sich nicht, gehen Sie Konflikte an und verbessern Sie so Ihre Lebens- und Arbeitsqualität!

Anmerkung: Im Text wurde aus Gründen der besseren Lesbarkeit teilweise nur die weibliche oder die männliche Form verwendet. Selbstverständlich sind immer beide Geschlechter gemeint.


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